Wie lange dauert es, Kitesurfen zu lernen?

von 26. Apr 2020Aufsteiger, Einsteiger, Familie, Kinder

von Carola

von Carola

Reinschnuppern ist beim Kitesurfen schwierig, denn man bekommt erst ein wirkliches Gefühl für das Kiten, wenn man die ersten Meter gefahren ist. Trotzdem geht es wahnsinnig schnell, bis man richtig Spaß am Kitesurfen hat und sich als echte_r Kitesurfer_in fühlt.

Wir haben zu viert gleichzeitig angefangen und haben bis zum Fahren, Höhe laufen und Wenden alle ungefähr gleich lange gebraucht – nämlich ca. 10 Tage wirkliches Kiten. Danach haben wir komplett allein weiter geübt.

Hier sind unsere Erfahrungswerte für die einzelnen Steps.

Wichtig dabei – das Lernen ist nicht unbedingt linear und man lernt auch nicht unbedingt 1:1 entlang der Kitelevel, bei uns war mal die eine schneller, dann wieder der andere…

1.

Umgang mit dem Kite

schon vor dem ersten Kitekurs | ein Tag

Ein Kite ist nichts anderes als ein Lenkdrachen. Wir haben schon seit vielen Jahren verschiedene Lenkdrachen im Keller –  vom Kinder- oder Werbegeschenkdrachen mit langem Schwanz und ordentlich Geknatter bis zu Trainingskites, wie sie auch von den Kiteschulen verwendet werden in verschiedenen Größen.

Drachen steigen lassen macht immer Spaß und geht im Herbst am Stadtrand oder im Park.
Es ist wirklich einfach und nach kurzer Erklärung und Eingewöhnungszeit können schon Drei-, Vier- oder Fünf-jährige Drachen lenken.

Gleichzeitig ist es aber eine super Vorübung, um Kitesurfen zu lernen: Man bekommt ein Gefühl für die Kraft des Drachens im Windfenster und wer seinen Drachen auch mit geschlossenen Augen nicht abstürzen lässt und Loops macht, wird auch ganz schnell das Gefühl für einen Kite entwickeln.

Wir konnten alle schon gut mit Lenkdrachen umgehen als wir in den ersten Kitekurs starteten – darum ging es für uns auch direkt auf dem Wasser los!

2.

Kiteaufbau und Theorie

immer mal zwischendurch | ein Tag

Tatsächlich sind wir direkt ins Wasser gestartet und die Theorie kam später. Natürlich haben uns die Kiteinstructor erst einmal erklärt, wie ein Kite aufgebaut ist, wie man den Tubekite sichert und aufpumpt, wie man die Leinen anknüpft und, und, und. Wirklich lernen tut man das als Vor- und Nachbereitung der einzelnen Kitesessions und sicher muss man nach der ersten Winterpause nochmal wieder überlegen – aber dafür braucht man keine Extra-Urlaubstage.

Die Theorie rund um Windfenster, Sicherheits- und Vorfahrtsregeln ist wirklich wichtig und wird üblicherweise auch in einigen theoretischen Stunden an Land vermittelt. Wirklich nachvollziehen kann man viele Dinge aber erst richtig mit dem Kite in der Hand, deswegen gehen erste Wasser- und Theorie-Stunden Hand in Hand und die Kiteschulen nutzen gern die Zeiten mit zu viel oder zu wenig Wind für die Theorie.

Selbst für Matteo, damals 8, war die Theorie kein bisschen lästig, sondern in den kleinen Häppchen spannend und hat zum Verständnis beigetragen.

3.

Kitekontrolle und Bodydrag mit und ohne Brett

ein Tag

Die ersten ein, zwei Sessions im Wasser werden immer ohne Board sein. Hier wird noch einmal die Kitekontrolle geübt und dann kommt der Bodydrag – also, dass man sich zuerst ohne und später mit dem Brett durch das Wasser ziehen lässt.

Auch wenn wir allen Einsteiger_innen unbedingt empfehlen würden, in einem Stehrevier bei einer Wassertiefe bis maximal zur Taille zu lernen, ist der Bodydrag eine absolut wichtige Basis-Technik: Wenn man später in etwas tieferem Wasser einmal das Board verliert braucht man unbedingt den Bodydrag und wenn man noch nicht so gut Höhe laufen kann, ist das Draggen mit Board eine Möglichkeit dorthin zu kommen, wo man hinmöchte.

Bodydraggen ist definitiv anstrengender als auf dem Board zu fahren, aber es nützt nix.

Ich habe den Bodydrag wirklich (schätzen) gelernt, als ich im absoluten Flachwasserrevier bei stärker werdendem Wind  plötzlich keinen Boden unter den Füßen mehr hatte und das Board nur ungefähr zwei Meter hinter mir aber dennoch unerreichbar war. Um so stolzer war ich, dass ich nach einigen vergeblichen Versuchen, ein paar Litern verschlucktem Salzwasser und auf dem besten Weg zu reichlich Muskelkater es doch geschafft habe, ohne Hilfe wieder alles einzusammeln und zurück zur Kitestation zu gelangen.

4.

Wasserstart & die ersten Meter

Eine Stunde bis zwei Tage

Der Wasserstart ist die erste große Herausforderung beim Kitesurfen und darum gibt es hier auch große Unterschiede.

Jooris und Matteo haben schon in ihrer allerersten Stunde (ganz kurz) auf dem Brett gestanden. Allerdings waren sie da noch über eine Leine mit der Kitelehrerin verbunden und der Spaß hatte zum Leidwesen der Jungs ein sehr schnelles Ende (die Alternative wäre no-return-in-deep-water gewesen).

Michael und ich hatten großes Pech mit einem sehr unerfahrenen Kitelehrer, der auf sehr große Kites stand und noch dazu meinte, man müsse ordentlich Schwung holen. Da wir ca. 20kg Gewichtsunterschied haben und gemeinsam mit einem Kite übten, führte das vor allem bei mir dazu, dass der Wasserstart eher in Flugübungen und heftigen Stürzen endete. Ich bin sonst nicht ängstlich, aber da habe ich tatsächlich daran gezweifelt, ob Kitesurfen mein Sport ist.

Unser nächster Versuch mit einem entspannten und erfahrenen Kitelehrer hat uns dann aber innerhalb von zwei Stunden zu den ersten Wasserstarts und innerhalb von ein bis zwei Tagen auch so weit gebracht, dass wir allein Starten, Fahren und (absichtlich und kontrolliert) Anhalten konnten.

Als wir die ersten Meter gefahren waren haben wir allein mit geliehenem Material geübt und ab und zu noch einmal eine Stunde genommen, um Tipps zu bekommen.

Wenn man so weit ist, fängt es an, richtig Spaß zu machen. Klar ist es lästig, wenn man noch zurück zum Ausgangspunkt laufen muss, weil das Höhe laufen (als eigentlich fahren) noch nicht klappt, aber die ersten Male ein paar hundert Meter am Stück zu fahren ist ein super Feeling!

5.

Sicher Höhe laufen und wenden

Tage fünf bis zehn

Nach den ersten Metern gehen die Fortschritte unglaublich schnell und dann ist es auch keine „Arbeit“ mehr, sondern Spaß pur.

Da das Ankanten an sich schon cool aussieht, hatten Matteo und Jooris eher das Problem, schnell zu viel zu wollen – gegen den Wind fahren klappt halt nicht…

Aber wenn man erst einmal die Balance zwischen „nicht aus dem Wasser kommen“ und „nicht vorn über das Brett fallen“ gefunden hat, schafft man es schnell, die Höhe zu halten und auch Höhe zu laufen.

Wie beim Radfahren, weiß man plötzlich gar nicht mehr, warum das Aufsteigen und geradeausfahren einmal schwierig war.

Für die ersten Wenden haben wir dann unterschiedlich lange gebraucht und auch nochmal wieder Kitelehrer bemüht. Matteo fährt nach wie vor eigentlich keine Wende. Wozu technischer Schnickschnack? Wenn man den Kite in die andere Richtung lenkt, fährt man halt auch in die  andere Richtung, oder?

Michael macht sich manchmal etwas viele Gedanken und ist vorsichtiger und Jooris und ich probieren einfach aus.

Aber nach ungefähr 10 bis 12 Kite-Tagen mit durchschnittlich zwei Kitesessions verteilt über verschiedene Urlaube konnten wir alle bei guten Bedingungen sicher Höhe laufen und wenden.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt haben wir beschlossen, dass es an der Zeit für eigenes Material ist und wir kiteschul-unabhängig auf’s Waser gehen können.

6.

Up, up and away

ab Tag 11

Nur weil wir uns mittlerweile allein auf das Wasser trauen, sind wir noch lange keine erfahrenen Kiter_innen und unsere individuellen Lernkurven sind immer noch sehr steil!

Einerseits, was Sicherheit, Selbständigkeit und Materialkenntnisse angeht: Wenn der Kite nicht starten will oder der Relaunch nicht klappt, setzt wir uns nochmal intensiv mit den Leinen etc. auseinander, ohne dass die Kitelehrerin schnell Hand anlegt. Wir müssen selbst entscheiden, welche Kitegröße die richtige ist und ob auch Matteo bei eher ablandigem Wind auf das Wasser kann. Wir müssen die Vorfahrtsregeln kennen und zusätzlich aufpassen, wenn andere es nicht tun…

Und besonders die Lernkurve für alles, was über hin- und herfahren hinausgeht:
Halse, Switch, Sprünge, Backroll – das sind die ersten Dinge, die wir ausprobieren, seitdem wir uns mit Kite und Board sicher fühlen.

Das machen wir jetzt mit sehr unterschiedlichem Erfolg. Während Jooris sich am Strand von anderen vieles abguckt, aus Youtube-Videos lernt und jedesmal etwas Neues ausprobieren will, sind wir anderen etwas zurückhaltender und langsamer.

Könnte aber auch daran liegen, dass Michael und ich nicht die Ausdauer haben, 50mal am Stück den gleichen Trick zu probieren, 50mal Wasser zu schlucken, 50mal das Brett wieder einzusammeln und 50mal neu zu starten.

Das geht bei den Jungs innerhalb einer Kitesession. Vielleicht können wir es auch, wenn wir nach einem halben Jahr auch 50 Versuche gemacht haben.