Kinder und Kitesurfen – Die 8 wichtigsten Tipps

von 18. Feb 2020Einsteiger, Familie, Kinder

von Carola

von Carola

Wir haben mit verschiedenen Kiteschulen und dem VDWS zum Thema „Kinder und Kitesurfen“ gesprochen. Wir haben für euch viele Tipps gesammelt und unsere Erfahrungen einfließen lassen, damit Kinder mit Begeisterung Kiten lernen.

Hier lest ihr, worauf ihr achten solltet, wenn eure Kinder mit dem Kitesurfen starten wollen. Oder wenn ihr daran denkt, gemeinsam zu beginnen. Oder wenn ihr Kiter seid und eure Kinder mit dem besten Sport der Welt vertraut machen wollt. 

Mit Tipps von den Kitelehrerinnen und Kitelehrern Tim, Frank, Petra, Nadja, Timo, Chris und Holger!

1.

Motivation und Verantwortungsbewusstsein sind wichtiger als das Alter

Verschiedene Schulen gehen mit Kindern unterschiedlich um. Manche nehmen schon sechsjährige in den privaten Unterricht, während andere erst ab 14 Jahren schulen und keine großen Unterschiede machen zwischen Jugendlichen und Erwachsenen.

Grundsätzlich wird ein Einstiegsalter ab etwa 10 Jahren als gut angesehen. In dem Alter verstehen Kinder  schon viel, bringen eine gewisse Ausdauer mit und lernen gleichzeitig unglaublich schnell. Manche Kiteschulen und der VDWS empfehlen auch ein Mindestgewicht von 35 bis 40kg.

Einig sind sich alle Kiteinstructor, dass die Motivation der wichtigste Indikator ist, ob ein Kind schon anfangen kann: wenn er oder sie selbst darauf brennt, mit dem coolsten Sport der Welt zu beginnen, ist es auch ein guter Zeitpunkt! Was überhaupt nicht funktioniert ist, wenn Mami und Papi die Kleinen dazu drängen.

Ein weiterer entscheidender Faktor ist das Verantwortungsbewusstsein: Als Eltern kennt ihr eure Kinder am besten und könnt einschätzen:

  • Kann eure Tochter oder euer Sohn schon so ernsthaft an den neuen Sport herangehen, dass ein Risikobewusstsein entwickelt werden kann?
  • Haben die Kinder die nötige Ausdauer und Frustrationstoleranz? Denn trotz spielerischer Vermittlung und kurzer Kitesessions kann es manchmal echt anstrengend werden. Wutanfälle und zu viel Herumkaspern können gefährlich werden, auch wenn natürlich am Anfang immer Kitelehrer und/oder Eltern zur Sicherung da sind.

Wir haben bei Matteo und Jooris – die durchaus viel Quatsch machen können – die Erfahrung gemacht, dass sie selbst sofort gemerkt haben, dass hier Konzentration und Ernsthaftigkeit nötig sind. Das ist ein Sport für Große und dementsprechend muss man sich auch „wie ein Großer“ benehmen. Nie hatten wir Probleme mit Leichtsinn oder zu hohem Risiko.

„Ein angstfreier Umgang mit (Meer-)Wasser ist elementar“

Chris

Lehrteam VDWS

„Die Motivation muss beim Kind liegen!“

Timo

Lehrteam VDWS

2.

Körperliche Voraussetzungen brauchen Kinder für das Kitesurfen kaum

Die zukünftigen Kiter sollten schwimmen können, keine Angst vor (Meer-)wasser haben und eine gewisse Grundsportlichkeit mitbringen. Darüber hinaus gibt es keine körperlichen Voraussetzungen. Kinder müssen weder besonders fit, geschickt oder kräftig sein.

Da der Kite von Anfang an über das Trapez mit dem Körper verbunden ist, braucht es keine Kraft in den Armen oder Beinen. Die meisten Kinder lernen ganz intuitiv durch das Auspobieren. Nach und nach kommen dann auch die theoretischen Details und eine verfeinerte Technik dazu.

3.

Lasst euer Kind in einer Kiteschule lernen

Wenn ihr selbst kitet, ist die Versuchung vielleicht groß, das Geld für die Kiteschule zu sparen und einfach selbst mit Tochter oder Sohn auf das Wasser zu gehen. Vielleicht funktioniert das auch für einige. Aber in den allermeisten Fällen ist es sicher die beste Wahl, dass ein Profi mit deinem Kind die ersten Versuche im Kitesurfen macht, die wichtigsten Techniken etc. erklärt.

Kinder nehmen oft von anderen eher Ratschläge und Hinweise an, wenn etwas noch nicht so klappt. Ausgebildete Lehrer_innen haben meist mehr Geduld, kennen die typischen Anfängerfehler und können genaue Hinweise und Hilfestellungen geben, wie es am besten funktioniert.

Außerdem haben sie die Erfahrung, was den Kite-Schüler_innen zugemutet werden kann und wann eine Pause nötig ist.

Und für die Kinder ist es super, unabhängig von den Eltern zu lernen, ihre eigenen Erfahrungen zu machen, daran zu wachsen und die neuen Fähigkeiten dann stolz zu präsentieren.

„Selbst wenn man Kiten kann, heißt das noch lange nicht, dass man auch etwas beibringen kann. Man setzt extrem viel voraus, was das Kind noch nicht verstehen kann.“

Frank

Kiteschule NRW

„Die Eltern sollten auch mit lernen und wissen, worum es geht. Sie sind die Verantwortung tragenden.“

Tim

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4.

Lernt als Eltern mit euren Kindern die Grundzüge des Kitesurfens

Wenn alle in der Familie kitesurfen ist es selbstverständlich, wenn aber nur die Töchter oder Söhne anfangen, ist es ein wichtiger Hinweis:

Eltern sollten die Grundzüge des Sports verstehen und zumindest in der Theorie Kiteaufbau etc. mit lernen. Sehr viele Unfälle entstehen bei Start und Landung des Kites – hier sollten Eltern kompetente Starthelferinnen sein. Sie sollten mit darauf achten (können!), dass alle Leinen richtig angeknüpft sind etc. Dazu muss man nicht bis in alle Tiefe einsteigen, aber doch die Grundzüge verstehen. Fußball gucken macht auch nur Spaß, wenn man die Abseitsregel kennt.

Zusätzlich ist es natürlich toll, wenn ihr eure Kinder auch dabei unterstützen könnt, die richtige Kitegröße auszuwählen. Und wenn es beim eigenständigen Kitsurfen der Kinder darum geht,  (gebrauchtes) Material zu kaufen und vielleicht zu reparieren, sollten die Eltern natürlich Bescheid wissen. Und es geht viel schneller, als man am Anfang denkt, dass die Kinder außerhalb von Kurs und Kiteschule unterwegs sind.

 

U

Stehrevier for(almost)ever!

Wer richtig gut kitet, will irgendwann in die Welle und auf das Foilboard – das geht definitiv mit tiefem Wasser einher. Außerdem gibt es auch in eigentlich flachen Revieren tiefere Stellen und gerade Kinder können auch bei 1,30m Wassertiefe nicht mehr stehen.

Das bedeutet, dass man auch in tiefem Wasser Sicherheit haben und den Kite kontrollieren muss. Dennoch muss man sich ja nicht unnötig quälen und Risiken eingehen!

Auch im flachen Wasser kann man beim Kitesurfen sehr viel Spaß haben, meterhoch springen und unglaubliche Tricks lernen.

Für uns ist klar, dass wir trotz Level 5 bis 7 auch in den nächsten Jahren als Familie für unsere Kitesessions nur Stehreviere aussuchen werden – für die Profi-Spots mit Welle und tiefem Wasser haben wir immer noch Zeit…

„Wenn’s ins Wasser geht, ist ein Stehrevier extrem wichtig. Wenn du Kinder bei uns direkt in die Ostsee schickst, würden sie kapitulieren.“

Nadja

Kiteschule Darss

5.

Wählt das passende (Steh-)Revier zum Einstieg aus

Auch wenn es Kursangebote auch in tiefem Wasser gibt, haben uns unsere Interviewpartner_innen doch unisono empfohlen, mit Kindern – und als Einsteiger generell – in einem Stehrevier zu lernen. Gerade am Anfang und bei Jüngeren steht es im Vordergrund, den Spaß am Kitesurfen zu finden und erste Erfolge zu sehen. Und es ist nun einmal deutlich einfacher, das Board anzuziehen oder einen Kite vom Wasser aus wieder zu starten, wenn man selbst stehen kann.

Und wenn Kinder kiten lernen, können Kiteinstructor oder unterstützende Erwachsene mit im Wasser sein. Sie können bei Schwierigkeiten assistieren oder beim Zurücklaufen helfen, wenn es mit dem Höhe Laufen noch nicht klappt und, und, und…

Unsere allerersten Erfahrungen haben wir bei Wassertiefen zwischen Unterkante Kinn und Oberkante Scheitel gemacht, selbst das muss nicht sein, in knie- oder hüfttiefem Wasser geht alles so viel leichter.

Was macht ein Kinder-Einsteiger-Revier noch aus?

Neben der Wassertiefe, haben wir noch ein paar Tipps bekommen, nach denen ihr den Kitesurf-Spot aussuchen solltet:

  • Gleichmäßige und nicht zu starke Winde; gute Windausbeute, denn nichts ist frustrierender, als auf Wind zu warten.
    Hier helfen Windstatistiken oder das Beobachten über eine Wind-App.
  • Nicht zu voll
    Auch wenn die Kitekontrolle schon gut klappt, ist das Richtung halten erst einmal schwierig und zum Üben braucht man Ruhe und Raum. Da stören andere Kiter_innen, die ständig im Weg sind. Und wenn man als Einsteiger_in ständig anhalten muss, weil man Vorfahrt gewährt oder einfach Sicherheitsabstand hält, verliert man jedesmal deutlich an Höhe. Bei reichlich Platz auf dem Wasser kann man längere Schläge fahren und lernt so schnell Höhe zu laufen.
  • Strand, Wiese, Aufbau-Area
    Wieviel Platz ist vorhanden und kann man am Strand auch Spaß haben, wenn man selbst nicht kitet?
  • Toiletten und Café
    Wenn wir den ganzen Tag draußen sind, finden wir es schön, zwischendurch mal einen Kakao, Kaffee oder etwas anderes leckeres trinken und vielleicht auch eine Kleinigkeit essen zu können. Auch Toiletten in der Nähe sind ein echter Pluspunkt und nicht immer selbstverständlich.

 

6.

Achtet darauf, die passende Kitlehrerin oder den passenden Kitelehrer zu finden

Wie in der Schule: Auf den Lehrer kommt es an! Die Chemie zwischen Instructor und angehenden Kitern muss absolut stimmen. In erster Linie sollte der_die Kitelehrer_in Lust auf Kinder haben. Schließlich muss man sich noch einmal anders auf kleine Kunden einlassen.Es muss spielerischer zu gehen, weniger Technik-SchnickSchnack und mehr ausprobieren.

Wenn Kinder Kitesurfen lernen, sollte eine sehr erfahrene Person die Stunden leiten. Ein zusätzlicher pädagogischer Hintergrund oder Erfahrung im Umgang mit Kindern ist perfekt.

Ein guter Indikator für uns ist auch, ob die Schule schon Erfahrungen mit Kursen für Kinder hat und dies auch positiv sieht und unterstützt – viele Schulen öffnen sich gerade erst jüngeren Kite-Einsteigern.

Und wenn es nicht passt zwischen Kind und Lehrer_in, scheut euch nicht, das anzusprechen und um eine andere Kurs-Konstellation zu bitten. Eine gute Schule wird immer ein offenes Ohr dafür haben und etwas möglich machen.

„Der muss lustig sein!

Matteo

Kitesurfer, 10 Jahre

„Man hat den Eindruck, sie hören nicht zu. Aber dann setzen sie doch um, was man erklärt hat.“

Tim

Learn Kiteboarding now!

7.

Kindgerechtes Material

Zwar gibt es nach wie vor kein echtes Kinder-Kite-Material, aber Schulen, die auf Kinder eingerichtet sind, bieten auch auf Materialseite gute Möglichkeiten: Das geht schon bei Neoprenanzügen und -schuhen in Kindergrößen und Sitztrapezen in XXS los.

Da kleine Kitegrößen immer normaler und beliebter werden, hat mittlerweile fast jede Schule schon Kites ab 3, 4 oder 5qm zur Verfügung.

Matteo mit mittlerweile knapp 40kg nutzt überwiegend unsere 7 und 9qm Tubekites, manchmal sogar den 11er. Nur wenn der Wind zu stark, also deutlich über 20 Knoten, weht, kann er leider mit unserem Material nicht auf das Wasser.

Boards gibt es in allen Größen, und die Pads sind verstellbar, sodass das für Kinder eigentlich immer gut klappt. Die größte Herausforderung sind die Bars. Hier kann es passieren, dass die Arme einfach zu kurz sind, um wieder dran zu kommen, wenn man einmal losgelassen hat.

Bei manchen Herstellern kann man den Abstand zum Trapez verkürzen, damit hat man gleichzeitig einen größeren Depower-Weg. Wenn ihr eigenes Material habt, lasst euch am besten von einer Kiteschule oder in einem Kite-Shop erklären, wie man das hinbekommt.

„Kinder sind nicht so ergebnis-orientiert, sondern mehr prozess-orientiert, die wollen halt ’ne coole Zeit haben.“

Timo

Lehrteam VDWS

8.

Von der ersten Minute an zählt der Spaß!

Erwachsene haben viel stärker als Kinder das große Ziel vor Augen und wollen am Ende eines Kurses den Wasserstart gemeistert haben, Höhe laufen oder die Wende schaffen. Kinder sind viel prozessorientierter. Sie wollen eine gute Zeit haben und es ist ihnen meist nicht so wichtig, wie weit sie schon gekommen sind.

Darum ist es völlig in Ordnung, wenn sie von der Standard-Routine abweichen. Es gibt im Kitesport so viel zu entdecken, was Spaß macht!

  • Wenn es im Wasser zu kalt wird, kann man am auch mit einem Trainingskite am Strand total viel Spaß haben.
  • Wenn der Wasserstart noch nicht klappt, kann man auch mit Bodydrag richtig Action erleben.
  • Und Matteo wollte unbedingt springen, bevor er wirklich fahren konnte. Ein Kitelehrer hat ihn kurzerhand Huckepack genommen, um ihm das Sprung-Feeling zu vermitteln. Ein anderer hat mit ihm Sprünge ohne Brett geübt, der Spaß war riesengroß.

Und auch wenn die Reihenfolge vielleicht nicht ganz klassisch ist, lernen die Mädchen und Jungen bei jeder Aktion mit Kite oder Board oder beidem. Ruck zuck und viel schneller als wir Erwachsenen, sausen sie uns davon und machen Tricks, so dass wir lieber gar nicht mehr hinschauen.

Aber das Schöne ist – wir haben dann ganz schnell auch unsere Personal Kite Instructor!

Vielen Dank

an unsere Interview-Partner_innen, mit denen wir auf der Boot 2020 über Kinder und Kitesurfen gesprochen haben für die vielen Tipps und Hinweise!

Tim Neumann

Tim Neumann

Learn Kiteboarding Now!

Frank & Petra Lorenz

Frank & Petra Lorenz

Kiteschule NRW

Timo Sternemann

Timo Sternemann

Lehrteam VDWS & All you can surf

Chris Ziaja

Chris Ziaja

Lehrteam VDWS & watersports training

Nadja

Nadja

Kiteschule Darss

Holger Hartmann

Holger Hartmann

OK Surf

Habt ihr weitere Tipps und Anregungen oder auch Fragen? Wir freuen uns auf eure Kommentare!